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In vielen Gärten, aber auch auf verwildertem Brachland, in Wäldern und auf Wiesen wachsen zahlreiche Nutzpflanzen, von denen wir nur wenige kennen, obwohl sie von unseren Vorfahren seit langem verwendet werden. Hinzu kommen mehr oder weniger viele Züchtungen dieser Pflanzenarten, die der Wildform mitunter kaum noch ähnlich sehen, aber aufgrund bestimmter Eigenschaften und Inhaltsstoffe für uns heute sehr wertvoll und wichtig sind. Herbert Österreicher stellt Nutzpflanzen vor, über die es Bemerkenswertes zu berichten gibt und die gerade auch für Kinder interessant sind. Die Serie begann in Heft 5/2009.


Wohnsitz des Hausgeists

Holundersträucher gehören hierzulande zu den am weitesten verbreiteten Sträuchern. Sie sind so zahlreich wie anspruchslos und wachsen an allen möglichen Ecken. Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) ist die häufigste und am kräftigsten wachsende Art. Abgesehen von der Blütezeit Ende Mai bis etwa Anfang Juni, in der der Strauch große cremegelbe und duftende Blütendolden trägt, wirkt das Gehölz eher unscheinbar. Dabei übersehen wir leicht, dass dieser Strauch oder kleine Baum früher in vielen Gegenden sehr geschätzt und als Sitz eines guten Hausgeists verehrt wurde. Die Volksnamen der Pflanze erinnern an den Ursprung dieses Glaubens: Sie gehen zurück auf die germanische Göttin Holla oder Holda, eine mild und freundlich (huldvoll) gesinnte Göttin, von der es hieß, sie beschütze das Leben der Pflanzen, Tieren und Menschen und könne Krankheiten heilen. 

Eine solche Überlieferung findet sich im Grimmschen Märchen von der Frau Holle. Das Mädchen, von dem darin erzählt wird, springt aus lauter Verzweiflung und Angst vor der bösen Stiefmutter in einen Brunnen, um ihre Spindel zu suchen, die dort hineingefallen war. Am Grunde des Brunnens findet sich das Mädchen auf einer blühenden Wiese wieder – eine wundersame Welt, in der das Brot sprechen kann und vor dem Verbrennen gerettet werden möchte, in der ein Apfelbaum darauf wartet, dass das Mädchen die reifen Äpfel herunterschüttelt, und in der es schließlich von einer alten Frau aufgenommen wird, der es beim Schütteln der Federbetten helfen soll – damit es auf der Erde schneit. Es ist Frau Holle. Forschungen ergaben, dass die Gestalt der Frau Holle auf eine Muttergöttin der Jungsteinzeit um etwa 5000 v. Chr. zurückgehen könnte. Es handelt sich vermutlich um eine jener Erd- und Fruchtbarkeitsgöttinnen, die früher in verschiedenen Kulturen und unter verschiedenen Namen fast überall auf der Welt verehrt wurden. Trotz der Christianisierung verschwand diese Verehrung nicht ganz, sondern verwandelte sich in den Glauben an einen Schutzgeist des Hauses, der im Hollerbusch oder Hollerstock wohnt.

Andere Volksnamen sind Echter Holder, Schwarzholder (wegen der blauschwarzen Früchte), Weißer Holder (wegen der cremeweißen Blüten), Küchlesholder (die gebackenen Blütendolden heißen auch Holunderküchlein) und Wilder Flieder, Fliederbeere oder Fliederbaum. Die letzten Bezeichnungen sind etwas irreführend, denn die Gemeinsamkeiten von Holunder und Echtem Flieder liegen lediglich darin, dass beide Pflanzen weit verbreitet, allgemein bekannt und oft miteinander anzutreffen sind.


Rezept für Holunderblütensirup
 
20 bis 30 große Holunderblütendolden kurz in kaltem Wasser waschen und dabei gründlich auf kleine Insekten untersuchen. Abtropfen lassen. 2 Liter Wasser mit 1 Kilogramm Zucker erhitzen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. 4 unbehandelte, in Scheiben geschnittene Zitronen und die Blütendolden zugeben. Das Ganze zwei Tage an einem sonnigen Platz stehen lassen. Anschließend durch ein sehr feines Sieb oder ein Tuch gießen. Vor dem Abfüllen in Flaschen 40 Gramm Zitronensäure als Schutz gegen Gärung zugeben.
Der Sirup sollte zum Trinken im Verhältnis von 1:6 mit Wasser verdünnt werden.


Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 10/09 lesen.

 

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